Ein Plus für alle
Wie Aktive und Vereine von Schutzkonzepten
gegen Gewalt profitieren
Eine kurze Geschichte vorweg. Eine Geschichte, die zeigt, was sich an der Basis bereits bewegt hat. So hat die WirimSport in der letzten Ausgabe über die Werrepiraten berichtet, einem Kajakverein aus dem Kreis Herford. Die Werrepiraten waren der erste Verein, der dem LSB eine Verpflichtungserklärung als Bestandteil seines Vereinsschutzkonzeptes vorgelegt hat. „Darin hat sich der LSB verpflichtet, klare Regeln zum Schutz für Kinder und Jugendliche in seiner Berichterstattung über den Verein zu beachten“, erzählt Kiyo Kuhlbach, LSB-Ressortleiterin Marketing und Kommunikation. „Das ist ein tolles Zeichen!“ Natürlich hat der LSB unterschrieben …
Sexualisierte, körperliche oder psychische Gewalt und Machtmissbrauch im Sport, in welchem Kontext auch immer, haben gravierende Folgen. Sie gehen für Betroffene oftmals mit massivem Kontrollverlust, Gefühlen der Ohnmacht, Schuld- und Schamgefühlen einher. Die erlebte Gewalt bedeutet für sie einen tiefgehenden Vertrauensbruch, der belastende Folgen für ihr gesamtes persönliches, soziales und berufliches Leben haben kann. Dabei kommen vor allem spektakuläre Fälle aus dem Leistungssport an die Öffentlichkeit. Die vom LSB geförderte Studie „SicherImSport“, an der elf Landessportbünde teilnahmen, zeigte aber 2023 auch für den Breitensport eine breite Betroffenheit, überwiegend bei Minderjährigen, aber auch bei Erwachsenen und Vereinsmitarbeiter*innen. „Kein Verein kann für sich behaupten, dass ihn das Thema nichts angeht“, konstatierte damals Dr. Birgit Palzkill, unabhängige Beauftragte des LSB zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport. ( Siehe Interview)
Auf dem Weg ins Sauerland. Manfred Luig, Vorsitzender der Jugendabteilung des FC Cobbenrode, blickt weit voraus. Der Mehrspartenverein in einem Ortsteil von Eslohe macht jetzt Ernst. J-Team und Jugendvorstand haben sich aufgemacht, um ein Jugendschutzkonzept zur Prävention und Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt zu erstellen. Noch steht man am Anfang des Vorhabens. „Das soll ein weiteres Qualitätsmerkmal unseres Vereins werden“, so Luig, „und wir möchten das dann auch in die Erwachsenenwelt einbringen.“ Offensichtlich trifft die Thematik bei den jungen Menschen einen Nerv, denn die Mitglieder von J-Team und Jugendvorstand haben sich praktisch vollständig im Vereinshaus zum Pressetermin mit der WirimSport eingefunden. Man ist interessiert. „Es sollte ja nicht erst etwas passieren, um zu sagen, jetzt müssen wir was machen“, meint J-Teamer Jonas Luttermann. Theo Soest denkt voraus. Der 17-Jährige fragt nach Interventionsmöglichkeiten: „Was passiert eigentlich im zweiten oder dritten Schritt nach einem Vorfall?“ Daniela Rademacher, Mitglied des Jugendvorstandes, ist unsicher: „Kann ich in einer Ferienfreizeit ein Kind einfach auf den Schoß nehmen, wenn es Heimweh hat?“ Typische Fragen zu Beginn eines solchen Vorhabens, die dessen Bedeutung umso mehr unterstreichen. Bis Ende des Jahres will der FC ein Konzept vorlegen.
So ist die aktuelle Gesetzeslage
Laut dem NRW-Landeskinderschutzgesetz, das im Mai 2022 in Kraft trat, müssen Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein Schutzkonzept erstellen. Tatsächlich sind Sportvereine derzeit aber nicht verpflichtet, dies bis zu einem festgesetzten Termin umzusetzen. Lediglich Vereine als Empfänger von Mitteln aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW mussten auf Beschluss des Jugendtages bis Ende 2024 ein Schutzkonzept/Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt vorweisen. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung des LSB von Anfang 2023 mussten auch Stadt-, Kreissportbünde und Fachverbände bereits bis Ende vergangenen Jahres Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt erarbeiten. Dass dies nun flächendeckend erfolgt ist, ist ein eindeutiges Zeichen des organisierten Sports in NRW im Kampf gegen sexualisierte und interpersonelle Gewalt. Es reiht sich ein in eine Folge entscheidender Schritte seit dem Jahr 1996. Die Plakate und der Slogan des damaligen Programms „Schweigen schützt die Fal
„Der Landessportbund NRW verurteilt aufs Schärfste jede Form von sexualisierten und interpersonellen Belästigungen, Grenzverletzungen und Gewalt in unserer Gesellschaft. Deshalb setzt er sich für die Aufklärung jedes einzelnen Falles ein. Er engagiert sich für eine Kultur des Hinsehens und der Beteiligung und entwickelt seit Jahren konkrete Maßnahmen zur Prävention
und Intervention.“
Manfred Luig ist Vorsitzender der
Jugendabteilung
FC Cobbenrode
schen!“ dürften noch in Erinnerung sein.
Umfassende Schutzkonzepte berücksichtigen
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
„Schutzkonzepte sollten sich nicht nur auf Kinder und Jugendliche beziehen“, greift Tanja Eigenrauch, zuständige Referentin des LSB, einen wesentlichen Aspekt auf. „Aufgrund der Studien im Sport ist klar, dass auch Erwachsene von Gewalt betroffen sind und dann oftmals keine oder kaum eine Lobby haben. Deshalb sollte ein umfassendes Konzept alle Altersgruppen berücksichtigen“, betont Eigenrauch. Ihre Empfehlung: „Am besten orientiert man sich an den Kriterien des ‚Qualitätsbündnis zum Schutz vor sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport‘ um ein Schutzkonzept zu erstellen.“ Dieses Bündnis basiert auf einer Initiative des LSB und der Staatskanzlei NRW und schließt den Schutz von Erwachsenen ausdrücklich mit ein. Seine insgesamt zehn Kriterien sind ideale Wegweiser. Sie reichen vom Beschluss des Vorstandes, das Thema im Verein zu bearbeiten, über die Analyse von Risiken und Potenzialen bis hin zur Qualifizierung von Übungsleitungen, Trainer*innen, ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen. Hilfreich ist ebenfalls das „Workbook“ des LSB, das Schritt für Schritt den Weg zur Erstellung eines Schutzkonzeptes aufzeigt.
„Ein Schutzkonzept sollte nicht nur ein Stück Papier sein, sondern gelebte Praxis. Es ist eine fortlaufende Aufgabe,“ unterstreicht Tanja Eigenrauch.
Frist für Einsatzstellen
im Freiwilligendienst
Auf Beschluss des Jugendtages 2022 müssen Vereine mit Einsatzstellen im Freiwilligendienst bis zum Beginn des Bildungsjahres 2026/2027 zwingend ein Schutzkonzept vorweisen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, darf der Verein keinen Freiwilligendienst durchführen/anbieten ,dies haben Jugendtag 2022 und Mitgliederversammlung 2023 gleichlautend beschlossen.
Workbook
Schritt für Schritt zu einem effektiven Schutzkonzept. Ein professioneller Wegbegleiter mit praktischen Leitlinien und anschaulichen Beispielen in insgesamt sechs Kapiteln.
Lizenzentzug
Der Lizenzentzug für LSB-Lizenzinhaber*innen ist ein starkes Mittel der Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport. Der LSB hat nun die verbandsrechtliche Grundlage geschaffen, diesen rechtssicher durchsetzen zu können. Unter anderem müssen Teilnehmer*innen an Übungsleiteraus- und Fortbildungen seit Anfang 2025 bei der Lehrgangsanmeldung in einer Lizenzvereinbarung zustimmen, dass ihnen die Lizenz bei entsprechenden Verstößen entzogen werden kann.
Schutzkonzeptgenerator
Onlinehilfe in Vorbereitung
Aktuell entwickelt der LSB mit Unterstützung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) einen webbasierten, digitalen Schutzkonzeptgenerator. Ende des Sommers soll dieser online sein. Er baut auf den Inhalten des Workbooks auf und wird einfach zu bedienen sein. Ziel ist es, Nutzer*innen bei der Erstellung von Schutzkonzepten zu begleiten.
Digitale Gewalt
Ein bewusster Umgang mit Bild- und Videomaterial, das zum Beispiel bei Social-Media von Vereinen genutzt wird, und Regeln für die Vereinskommunikation über Messengerdienste dienen der Prävention vor Missbrauch. Eine Sensibilisierung findet bereits in KURZ- UND GUT-Seminaren statt. Die Themen digitale Gewalt wie auch Cybergrooming stehen auf der Agenda des LSB.
In der Tat: Es geht neben der Analyse von Risiken bei der Entwicklung um die breite Beteiligung unterschiedlicher Personengruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, und den Austausch über praxistaugliche Lösungen. „Ziel sollte sein, eine gemeinsame Haltung und dauerhaft eine Kultur des Hinschauens im Verein zu entwickeln“, so Eigenrauch, aber: „Dies kann nicht von oben verordnet werden.“ Nur auf dem Weg der Beteiligung, so zeige die Vereinssportpraxis, wird Transparenz erreicht, werden Widerstände überwunden und eine breite Zustimmung erzielt.
Zurück zum FC Cobbenrode. Wo beginnen Grenzüberschreitungen? Was gehört alles zu Gewalt im Sport? Dabei geht es nicht nur um schwere Fälle, wie oft vermutet wird. Ein sexistischer Spruch, eine unangemessene Berührung: „Das war nicht so gemeint“ zählt nicht. Gerade das Thema sexuelle Grenzüberschreitungen kann eine schambehaftete Hürde sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Oft kommt man besser ins Gespräch, wenn man mit Gewaltformen wie seelischer Gewalt oder Vernachlässigung den Einstieg sucht“, berichtet Anne Linden aus der Praxis. Sie gehört dem Vorstand des DJK Dürscheid an, der bereits vor sieben Jahren ein Schutzkonzept verabschiedet hat. „Wir führen weiterhin Schulungen im Vereinsrahmen durch. Das hat eine eigene Dynamik. Menschen lernen sich kennen, es entsteht ein Netzwerk und ein atmosphärisches Plus, das dem Verein auch sonst zugutekommt.“
Bei den Werrepiraten steht der Schutz der jungen Vereinsmitglieder seit jeher im Fokus. „Wir haben Kinder und Jugendliche in unseren Reihen, die bereits mit traumatischen Erfahrungen zu uns kommen. Sie sollen vom ersten Augenblick an merken, dass wir gemeinsam mit ihnen sehr viel dafür tun, dass unser Verein ein sicherer Ort für sie ist“, bringt Vorstandsmitglied Johannes Lömke die Vereins-DNA auf den Punkt. So wurde das Schutzkonzept der Piraten bewusst unter Mitwirkung der jungen Mitglieder erarbeitet und wird beständig weiterentwickelt. Neben den vielfältigen Maßnahmen fällt in dem fast 30 Seiten starken Konzept ins Auge, dass großer Wert auf die Selbstbestimmung und Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche gelegt wird. Ebenso sind Richtlinien für eine wertschätzende Berichterstattung explizit aufgeführt (dessen Bestandteil auch die zu Beginn genannte Verpflichtungserklärung ist). Nicht zuletzt ist mit einem plakativen „Ampelsystem“, einer Übersicht in grün, gelb und rot, klar benannt, welches Verhalten in Ordnung ist, welches verbesserungswürdig ist und was einer direkten Intervention bedarf.
Beim FC Cobbenrode soll das Schutzkonzept bis Ende des Jahres vorliegen – und damit klare Strukturen für Aktive und Betreuer*innen schaffen
Schutzkonzepte
von Verbänden und Bünden, die online einsehbar sind:
Segler-Verband Nordrhein-Westfalen
go.lsb.nrw/svnrw-schutzkonzept
Westdeutscher Volleyball-Verband
go.lsb.nrw/wvv-schutzkonzept
KSB Lippe
go.lsb.nrw/ksblippe-schutzkonzept
Studie SicherImSport
go.lsb.nrw/bericht-sicherimsport
Qualitätsbündnis gegen Gewalt im Sport
go.lsb.nrw/qualitaetsbuendnis
Betroffenenrat
go.lsb.nrw/aufarbeitung-betroffenenrat
Externe unabhängige Anlaufstelle des LSB
Ladenburger&Lörsch Rechtsanwältinnen
Alles auf einen Blick
Website des LSB
go.lsb.nrw/schutz-vor-gewalt-im-sport
VIBSS Schulung und Beratung
go.lsb.nrw/vibss-sport-u-sexualisierte-gewalt
Fakt ist: Auf der Grundlage des Landeskinderschutzgesetzes müssen alle Sportvereine in NRW früher oder später ein Schutzkonzept erarbeiten. Dabei sind sie nicht alleine. Stadt- und Kreissportbünde, Fachverbände sowie die vom LSB bereitgestellten VIBSS-Angebote bieten Hilfen von Anfang an. Zum Beispiel durch kostenlose Sensibilisierungsschulungen oder der Begleitung bei der Risikoanalyse. Es lohnt sich, sich auf den Weg zu machen, die Chance darin zu sehen und zu ergreifen. Denn nicht zuletzt schafft ein dauerhaft verankertes Schutzkonzept Sporttreibenden und Verantwortungsträger*innen im Verein Handlungssicherheit.
Die Werrepiraten legen besonderen Wert auf den Schutz der jungen Mitglieder, die bei der Erstellung des Schutzkonzeptes aktiv eingebunden wurden
Ein Plus für alle
Wie Aktive und Vereine von Schutzkonzepten gegen Gewalt profitieren
Eine kurze Geschichte vorweg. Eine Geschichte, die zeigt, was sich an der Basis bereits bewegt hat. So hat die WirimSport in der letzten Ausgabe über die Werrepiraten berichtet, einem Kajakverein aus dem Kreis Herford. Die Werrepiraten waren der erste Verein, der dem LSB eine Verpflichtungserklärung als Bestandteil seines Vereinsschutzkonzeptes vorgelegt hat. „Darin hat sich der LSB verpflichtet, klare Regeln zum Schutz für Kinder und Jugendliche in seiner Berichterstattung über den Verein zu beachten“, erzählt Kiyo Kuhlbach, LSB-Ressortleiterin Marketing und Kommunikation. „Das ist ein tolles Zeichen!“ Natürlich hat der LSB unterschrieben …
Sexualisierte, körperliche oder psychische Gewalt und Machtmissbrauch im Sport, in welchem Kontext auch immer, haben gravierende Folgen. Sie gehen für Betroffene oftmals mit massivem Kontrollverlust, Gefühlen der Ohnmacht, Schuld- und Schamgefühlen einher. Die erlebte Gewalt bedeutet für sie einen tiefgehenden Vertrauensbruch, der belastende Folgen für ihr gesamtes persönliches, soziales und berufliches Leben haben kann. Dabei kommen vor allem spektakuläre Fälle aus dem Leistungssport an die Öffentlichkeit. Die vom LSB geförderte Studie „SicherImSport“, an der elf Landessportbünde teilnahmen, zeigte aber 2023 auch für den Breitensport eine breite Betroffenheit, überwiegend bei Minderjährigen, aber auch bei Erwachsenen und Vereinsmitarbeiter*innen. „Kein Verein kann für sich behaupten, dass ihn das Thema nichts angeht“, konstatierte damals Dr. Birgit Palzkill, unabhängige Beauftragte des LSB zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport. ( Siehe Interview)
Auf dem Weg ins Sauerland. Manfred Luig, Vorsitzender der Jugendabteilung des FC Cobbenrode, blickt weit voraus. Der Mehrspartenverein in einem Ortsteil von Eslohe macht jetzt Ernst. J-Team und Jugendvorstand haben sich aufgemacht, um ein Jugendschutzkonzept zur Prävention und Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt zu erstellen. Noch steht man am Anfang des Vorhabens. „Das soll ein weiteres Qualitätsmerkmal unseres Vereins werden“, so Luig, „und wir möchten das dann auch in die Erwachsenenwelt einbringen.“ Offensichtlich trifft die Thematik bei den jungen Menschen einen Nerv, denn die Mitglieder von J-Team und Jugendvorstand haben sich praktisch vollständig im Vereinshaus zum Pressetermin mit der WirimSport eingefunden. Man ist interessiert. „Es sollte ja nicht erst etwas passieren, um zu sagen, jetzt müssen wir was machen“, meint J-Teamer Jonas Luttermann. Theo Soest denkt voraus. Der 17-Jährige fragt nach Interventionsmöglichkeiten: „Was passiert eigentlich im zweiten oder dritten Schritt nach einem Vorfall?“ Daniela Rademacher, Mitglied des Jugendvorstandes, ist unsicher: „Kann ich in einer Ferienfreizeit ein Kind einfach auf den Schoß nehmen, wenn es Heimweh hat?“ Typische Fragen zu Beginn eines solchen Vorhabens, die dessen Bedeutung umso mehr unterstreichen. Bis Ende des Jahres will der FC ein Konzept vorlegen.
So ist die aktuelle Gesetzeslage
Laut dem NRW-Landeskinderschutzgesetz, das im Mai 2022 in Kraft trat, müssen Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein Schutzkonzept erstellen. Tatsächlich sind Sportvereine derzeit aber nicht verpflichtet, dies bis zu einem festgesetzten Termin umzusetzen. Lediglich Vereine als Empfänger von Mitteln aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW mussten auf Beschluss des Jugendtages bis Ende 2024 ein Schutzkonzept/Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt vorweisen. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung des LSB von Anfang 2023 mussten auch Stadt-, Kreissportbünde und Fachverbände bereits bis Ende vergangenen Jahres Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt erarbeiten. Dass dies nun flächendeckend erfolgt ist, ist ein eindeutiges Zeichen des organisierten Sports in NRW im Kampf gegen sexualisierte und interpersonelle Gewalt. Es reiht sich ein in eine Folge entscheidender Schritte seit dem Jahr 1996. Die Plakate und der Slogan des damaligen Programms „Schweigen schützt die Falschen!“ dürften noch in Erinnerung sein.
„Der Landessportbund NRW verurteilt aufs Schärfste jede Form von sexualisierten und interpersonellen Belästigungen, Grenzverletzungen und Gewalt in unserer Gesellschaft. Deshalb setzt er sich für die Aufklärung jedes einzelnen Falles ein. Er engagiert sich für eine Kultur des Hinsehens und der Beteiligung und entwickelt seit Jahren konkrete Maßnahmen zur Prävention und Intervention.“
Manfred Luig
ist Vorsitzender
der Jugendabteilung
FC Cobbenrode
Umfassende Schutzkonzepte berücksichtigen
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
„Schutzkonzepte sollten sich nicht nur auf Kinder und Jugendliche beziehen“, greift Tanja Eigenrauch, zuständige Referentin des LSB, einen wesentlichen Aspekt auf. „Aufgrund der Studien im Sport ist klar, dass auch Erwachsene von Gewalt betroffen sind und dann oftmals keine oder kaum eine Lobby haben. Deshalb sollte ein umfassendes Konzept alle Altersgruppen berücksichtigen“, betont Eigenrauch. Ihre Empfehlung: „Am besten orientiert man sich an den Kriterien des ‚Qualitätsbündnis zum Schutz vor sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport‘ um ein Schutzkonzept zu erstellen.“ Dieses Bündnis basiert auf einer Initiative des LSB und der Staatskanzlei NRW und schließt den Schutz von Erwachsenen ausdrücklich mit ein. Seine insgesamt zehn Kriterien sind ideale Wegweiser. Sie reichen vom Beschluss des Vorstandes, das Thema im Verein zu bearbeiten, über die Analyse von Risiken und Potenzialen bis hin zur Qualifizierung von Übungsleitungen, Trainer*innen, ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen. Hilfreich ist ebenfalls das „Workbook“ des LSB, das Schritt für Schritt den Weg zur Erstellung eines Schutzkonzeptes aufzeigt.
„Ein Schutzkonzept sollte nicht nur ein Stück Papier sein, sondern gelebte Praxis. Es ist eine fortlaufende Aufgabe,“ unterstreicht Tanja Eigenrauch.
Frist für Einsatzstellen
im Freiwilligendienst
Auf Beschluss des Jugendtages 2022 müssen Vereine mit Einsatzstellen im Freiwilligendienst bis zum Beginn des Bildungsjahres 2026/2027 zwingend ein Schutzkonzept vorweisen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, darf der Verein keinen Freiwilligendienst durchführen/anbieten ,dies haben Jugendtag 2022 und Mitgliederversammlung 2023 gleichlautend beschlossen.
Workbook
Schritt für Schritt zu einem effektiven Schutzkonzept. Ein professioneller Wegbegleiter mit praktischen Leitlinien und anschaulichen Beispielen in insgesamt sechs Kapiteln.
Lizenzentzug
Der Lizenzentzug für LSB-Lizenzinhaber*innen ist ein starkes Mittel der Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport. Der LSB hat nun die verbandsrechtliche Grundlage geschaffen, diesen rechtssicher durchsetzen zu können. Unter anderem müssen Teilnehmer*innen an Übungsleiteraus- und Fortbildungen seit Anfang 2025 bei der Lehrgangsanmeldung in einer Lizenzvereinbarung zustimmen, dass ihnen die Lizenz bei entsprechenden Verstößen entzogen werden kann.
Schutzkonzeptgenerator
Onlinehilfe in Vorbereitung
Aktuell entwickelt der LSB mit Unterstützung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) einen webbasierten, digitalen Schutzkonzeptgenerator. Ende des Sommers soll dieser online sein. Er baut auf den Inhalten des Workbooks auf und wird einfach zu bedienen sein. Ziel ist es, Nutzer*innen bei der Erstellung von Schutzkonzepten zu begleiten.
Digitale Gewalt
Ein bewusster Umgang mit Bild- und Videomaterial, das zum Beispiel bei Social-Media von Vereinen genutzt wird, und Regeln für die Vereinskommunikation über Messengerdienste dienen der Prävention vor Missbrauch. Eine Sensibilisierung findet bereits in KURZ- UND GUT-Seminaren statt. Die Themen digitale Gewalt wie auch Cybergrooming stehen auf der Agenda des LSB.
In der Tat: Es geht neben der Analyse von Risiken bei der Entwicklung um die breite Beteiligung unterschiedlicher Personengruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, und den Austausch über praxistaugliche Lösungen. „Ziel sollte sein, eine gemeinsame Haltung und dauerhaft eine Kultur des Hinschauens im Verein zu entwickeln“, so Eigenrauch, aber: „Dies kann nicht von oben verordnet werden.“ Nur auf dem Weg der Beteiligung, so zeige die Vereinssportpraxis, wird Transparenz erreicht, werden Widerstände überwunden und eine breite Zustimmung erzielt.
Zurück zum FC Cobbenrode. Wo beginnen Grenzüberschreitungen? Was gehört alles zu Gewalt im Sport? Dabei geht es nicht nur um schwere Fälle, wie oft vermutet wird. Ein sexistischer Spruch, eine unangemessene Berührung: „Das war nicht so gemeint“ zählt nicht. Gerade das Thema sexuelle Grenzüberschreitungen kann eine schambehaftete Hürde sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Oft kommt man besser ins Gespräch, wenn man mit Gewaltformen wie seelischer Gewalt oder Vernachlässigung den Einstieg sucht“, berichtet Anne Linden aus der Praxis. Sie gehört dem Vorstand des DJK Dürscheid an, der bereits vor sieben Jahren ein Schutzkonzept verabschiedet hat. „Wir führen weiterhin Schulungen im Vereinsrahmen durch. Das hat eine eigene Dynamik. Menschen lernen sich kennen, es entsteht ein Netzwerk und ein atmosphärisches Plus, das dem Verein auch sonst zugutekommt.“
Bei den Werrepiraten steht der Schutz der jungen Vereinsmitglieder seit jeher im Fokus. „Wir haben Kinder und Jugendliche in unseren Reihen, die bereits mit traumatischen Erfahrungen zu uns kommen. Sie sollen vom ersten Augenblick an merken, dass wir gemeinsam mit ihnen sehr viel dafür tun, dass unser Verein ein sicherer Ort für sie ist“, bringt Vorstandsmitglied Johannes Lömke die Vereins-DNA auf den Punkt. So wurde das Schutzkonzept der Piraten bewusst unter Mitwirkung der jungen Mitglieder erarbeitet und wird beständig weiterentwickelt. Neben den vielfältigen Maßnahmen fällt in dem fast 30 Seiten starken Konzept ins Auge, dass großer Wert auf die Selbstbestimmung und Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche gelegt wird. Ebenso sind Richtlinien für eine wertschätzende Berichterstattung explizit aufgeführt (dessen Bestandteil auch die zu Beginn genannte Verpflichtungserklärung ist). Nicht zuletzt ist mit einem plakativen „Ampelsystem“, einer Übersicht in grün, gelb und rot, klar benannt, welches Verhalten in Ordnung ist, welches verbesserungswürdig ist und was einer direkten Intervention bedarf.
Beim FC Cobbenrode soll das Schutzkonzept bis Ende des Jahres vorliegen – und damit klare Strukturen für Aktive und Betreuer*innen schaffen
Schutzkonzepte
von Verbänden und Bünden,
die online einsehbar sind:
Segler-Verband Nordrhein-Westfalen
go.lsb.nrw/svnrw-schutzkonzept
Westdeutscher Volleyball-Verband
go.lsb.nrw/wvv-schutzkonzept
KSB Lippe
go.lsb.nrw/ksblippe-schutzkonzept
Studie SicherImSport
go.lsb.nrw/bericht-sicherimsport
Qualitätsbündnis
gegen Gewalt im Sport
go.lsb.nrw/qualitaetsbuendnis
Betroffenenrat
go.lsb.nrw/aufarbeitung-betroffenenrat
Externe unabhängige Anlaufstelle
des LSB
Ladenburger&Lörsch
Rechtsanwältinnen
Alles auf einen Blick
Website des LSB
go.lsb.nrw/schutz-vor-gewalt-im-sport
VIBSS Schulung und Beratung
go.lsb.nrw/vibss-sport-u-sexualisierte-gewalt
Fakt ist: Auf der Grundlage des Landeskinderschutzgesetzes müssen alle Sportvereine in NRW früher oder später ein Schutzkonzept erarbeiten. Dabei sind sie nicht alleine. Stadt- und Kreissportbünde, Fachverbände sowie die vom LSB bereitgestellten VIBSS-Angebote bieten Hilfen von Anfang an. Zum Beispiel durch kostenlose Sensibilisierungsschulungen oder der Begleitung bei der Risikoanalyse. Es lohnt sich, sich auf den Weg zu machen, die Chance darin zu sehen und zu ergreifen. Denn nicht zuletzt schafft ein dauerhaft verankertes Schutzkonzept Sporttreibenden und Verantwortungsträger*innen im Verein Handlungssicherheit.
Die Werrepiraten legen besonderen Wert auf den Schutz der jungen Mitglieder, die bei der Erstellung des Schutzkonzeptes aktiv eingebunden wurden
Ein Plus für alle
Wie Aktive und Vereine von Schutzkonzepten
gegen Gewalt profitieren
Eine kurze Geschichte vorweg. Eine Geschichte, die zeigt, was sich an der Basis bereits bewegt hat. So hat die WirimSport in der letzten Ausgabe über die Werrepiraten berichtet, einem Kajakverein aus dem Kreis Herford. Die Werrepiraten waren der erste Verein, der dem LSB eine Verpflichtungserklärung als Bestandteil seines Vereinsschutzkonzeptes vorgelegt hat. „Darin hat sich der LSB verpflichtet, klare Regeln zum Schutz für Kinder und Jugendliche in seiner Berichterstattung über den Verein zu beachten“, erzählt Kiyo Kuhlbach, LSB-Ressortleiterin Marketing und Kommunikation. „Das ist ein tolles Zeichen!“ Natürlich hat der LSB unterschrieben …
Sexualisierte, körperliche oder psychische Gewalt und Machtmissbrauch im Sport, in welchem Kontext auch immer, haben gravierende Folgen. Sie gehen für Betroffene oftmals mit massivem Kontrollverlust, Gefühlen der Ohnmacht, Schuld- und Schamgefühlen einher. Die erlebte Gewalt bedeutet für sie einen tiefgehenden Vertrauensbruch, der belastende Folgen für ihr gesamtes persönliches, soziales und berufliches Leben haben kann. Dabei kommen vor allem spektakuläre Fälle aus dem Leistungssport an die Öffentlichkeit. Die vom LSB geförderte Studie „SicherImSport“, an der elf Landessportbünde teilnahmen, zeigte aber 2023 auch für den Breitensport eine breite Betroffenheit, überwiegend bei Minderjährigen, aber auch bei Erwachsenen und Vereinsmitarbeiter*innen. „Kein Verein kann für sich behaupten, dass ihn das Thema nichts angeht“, konstatierte damals Dr. Birgit Palzkill, unabhängige Beauftragte des LSB zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport. ( Siehe Interview)
Auf dem Weg ins Sauerland. Manfred Luig, Vorsitzender der Jugendabteilung des FC Cobbenrode, blickt weit voraus. Der Mehrspartenverein in einem Ortsteil von Eslohe macht jetzt Ernst. J-Team und Jugendvorstand haben sich aufgemacht, um ein Jugendschutzkonzept zur Prävention und Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt zu erstellen. Noch steht man am Anfang des Vorhabens. „Das soll ein weiteres Qualitätsmerkmal unseres Vereins werden“, so Luig, „und wir möchten das dann auch in die Erwachsenenwelt einbringen.“ Offensichtlich trifft die Thematik bei den jungen Menschen einen Nerv, denn die Mitglieder von J-Team und Jugendvorstand haben sich praktisch vollständig im Vereinshaus zum Pressetermin mit der WirimSport eingefunden. Man ist interessiert. „Es sollte ja nicht erst etwas passieren, um zu sagen, jetzt müssen wir was machen“, meint J-Teamer Jonas Luttermann. Theo Soest denkt voraus. Der 17-Jährige fragt nach Interventionsmöglichkeiten: „Was passiert eigentlich im zweiten oder dritten Schritt nach einem Vorfall?“ Daniela Rademacher, Mitglied des Jugendvorstandes, ist unsicher: „Kann ich in einer Ferienfreizeit ein Kind einfach auf den Schoß nehmen, wenn es Heimweh hat?“ Typische Fragen zu Beginn eines solchen Vorhabens, die dessen Bedeutung umso mehr unterstreichen. Bis Ende des Jahres will der FC ein Konzept vorlegen.
So ist die aktuelle Gesetzeslage
Laut dem NRW-Landeskinderschutzgesetz, das im Mai 2022 in Kraft trat, müssen Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ein Schutzkonzept erstellen. Tatsächlich sind Sportvereine derzeit aber nicht verpflichtet, dies bis zu einem festgesetzten Termin umzusetzen. Lediglich Vereine als Empfänger von Mitteln aus dem Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW mussten auf Beschluss des Jugendtages bis Ende 2024 ein Schutzkonzept/Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt vorweisen. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung des LSB von Anfang 2023 mussten auch Stadt-, Kreissportbünde und Fachverbände bereits bis Ende vergangenen Jahres Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt erarbeiten. Dass dies nun flächendeckend erfolgt ist, ist ein eindeutiges Zeichen des organisierten Sports in NRW im Kampf gegen sexualisierte und interpersonelle Gewalt. Es reiht sich ein in eine Folge entscheidender Schritte seit dem Jahr 1996. Die Plakate und der Slogan des damaligen Programms „Schweigen schützt die Falschen!“ dürften noch in Erinnerung sein.
Umfassende Schutzkonzepte berücksichtigen
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
„Schutzkonzepte sollten sich nicht nur auf Kinder und Jugendliche beziehen“, greift Tanja Eigenrauch, zuständige Referentin des LSB, einen wesentlichen Aspekt auf. „Aufgrund der Studien im Sport ist klar, dass auch Erwachsene von Gewalt betroffen sind und dann oftmals keine oder kaum eine Lobby haben. Deshalb sollte ein umfassendes Konzept alle Altersgruppen berücksichtigen“, betont Eigenrauch. Ihre Empfehlung: „Am besten orientiert man sich an den Kriterien des ‚Qualitätsbündnis zum Schutz vor sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport‘ um ein Schutzkonzept zu erstellen.“ Dieses Bündnis basiert auf einer Initiative des LSB und der Staatskanzlei NRW und schließt den Schutz von Erwachsenen ausdrücklich mit ein. Seine insgesamt zehn Kriterien sind ideale Wegweiser. Sie reichen vom Beschluss des Vorstandes, das Thema im Verein zu bearbeiten, über die Analyse von Risiken und Potenzialen bis hin zur Qualifizierung von Übungsleitungen, Trainer*innen, ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen. Hilfreich ist ebenfalls das „Workbook“ des LSB, das Schritt für Schritt den Weg zur Erstellung eines Schutzkonzeptes aufzeigt.
„Ein Schutzkonzept sollte nicht nur ein Stück Papier sein, sondern gelebte Praxis. Es ist eine fortlaufende Aufgabe,“ unterstreicht Tanja Eigenrauch.
„Der Landessportbund NRW verurteilt aufs Schärfste jede Form von sexualisierten und interpersonellen Belästigungen, Grenzverletzungen und Gewalt in unserer Gesellschaft. Deshalb setzt er sich für die Aufklärung jedes einzelnen Falles ein. Er engagiert sich für eine Kultur des Hinsehens und der Beteiligung und entwickelt seit Jahren konkrete Maßnahmen zur Prävention und Intervention.“
Manfred Luig ist Vorsitzender der Jugendabteilung
FC Cobbenrode
In der Tat: Es geht neben der Analyse von Risiken bei der Entwicklung um die breite Beteiligung unterschiedlicher Personengruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, und den Austausch über praxistaugliche Lösungen. „Ziel sollte sein, eine gemeinsame Haltung und dauerhaft eine Kultur des Hinschauens im Verein zu entwickeln“, so Eigenrauch, aber: „Dies kann nicht von oben verordnet werden.“ Nur auf dem Weg der Beteiligung, so zeige die Vereinssportpraxis, wird Transparenz erreicht, werden Widerstände überwunden und eine breite Zustimmung erzielt.
Zurück zum FC Cobbenrode. Wo beginnen Grenzüberschreitungen? Was gehört alles zu Gewalt im Sport? Dabei geht es nicht nur um schwere Fälle, wie oft vermutet wird. Ein sexistischer Spruch, eine unangemessene Berührung: „Das war nicht so gemeint“ zählt nicht. Gerade das Thema sexuelle Grenzüberschreitungen kann eine schambehaftete Hürde sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Oft kommt man besser ins Gespräch, wenn man mit Gewaltformen wie seelischer Gewalt oder Vernachlässigung den Einstieg sucht“, berichtet Anne Linden aus der Praxis. Sie gehört dem Vorstand des DJK Dürscheid an, der bereits vor sieben Jahren ein Schutzkonzept verabschiedet hat. „Wir führen weiterhin Schulungen im Vereinsrahmen durch. Das hat eine eigene Dynamik. Menschen lernen sich kennen, es entsteht ein Netzwerk und ein atmosphärisches Plus, das dem Verein auch sonst zugutekommt.“
Bei den Werrepiraten steht der Schutz der jungen Vereinsmitglieder seit jeher im Fokus. „Wir haben Kinder und Jugendliche in unseren Reihen, die bereits mit traumatischen Erfahrungen zu uns kommen. Sie sollen vom ersten Augenblick an merken, dass wir gemeinsam mit ihnen sehr viel dafür tun, dass unser Verein ein sicherer Ort für sie ist“, bringt Vorstandsmitglied Johannes Lömke die Vereins-DNA auf den Punkt. So wurde das Schutzkonzept der Piraten bewusst unter Mitwirkung der jungen Mitglieder erarbeitet und wird beständig weiterentwickelt. Neben den vielfältigen Maßnahmen fällt in dem fast 30 Seiten starken Konzept ins Auge, dass großer Wert auf die Selbstbestimmung und Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche gelegt wird. Ebenso sind Richtlinien für eine wertschätzende Berichterstattung explizit aufgeführt (dessen Bestandteil auch die zu Beginn genannte Verpflichtungserklärung ist). Nicht zuletzt ist mit einem plakativen „Ampelsystem“, einer Übersicht in grün, gelb und rot, klar benannt, welches Verhalten in Ordnung ist, welches verbesserungswürdig ist und was einer direkten Intervention bedarf.
Fakt ist: Auf der Grundlage des Landeskinderschutzgesetzes müssen alle Sportvereine in NRW früher oder später ein Schutzkonzept erarbeiten. Dabei sind sie nicht alleine. Stadt- und Kreissportbünde, Fachverbände sowie die vom LSB bereitgestellten VIBSS-Angebote bieten Hilfen von Anfang an. Zum Beispiel durch kostenlose Sensibilisierungsschulungen oder der Begleitung bei der Risikoanalyse. Es lohnt sich, sich auf den Weg zu machen, die Chance darin zu sehen und zu ergreifen. Denn nicht zuletzt schafft ein dauerhaft verankertes Schutzkonzept Sporttreibenden und Verantwortungsträger*innen im Verein Handlungssicherheit.
Frist für Einsatzstellen
im Freiwilligendienst
Auf Beschluss des Jugendtages 2022 müssen Vereine mit Einsatzstellen im Freiwilligendienst bis zum Beginn des Bildungsjahres 2026/2027 zwingend ein Schutzkonzept vorweisen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, darf der Verein keinen Freiwilligendienst durchführen/anbieten ,dies haben Jugendtag 2022 und Mitgliederversammlung 2023 gleichlautend beschlossen.
Workbook
Schritt für Schritt zu einem effektiven Schutzkonzept. Ein professioneller Wegbegleiter mit praktischen Leitlinien und anschaulichen Beispielen in insgesamt sechs Kapiteln.
Lizenzentzug
Der Lizenzentzug für LSB-Lizenzinhaber*innen ist ein starkes Mittel der Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport. Der LSB hat nun die verbandsrechtliche Grundlage geschaffen, diesen rechtssicher durchsetzen zu können. Unter anderem müssen Teilnehmer*innen an Übungsleiteraus- und Fortbildungen seit Anfang 2025 bei der Lehrgangsanmeldung in einer Lizenzvereinbarung zustimmen, dass ihnen die Lizenz bei entsprechenden Verstößen entzogen werden kann.
Schutzkonzeptgenerator
Onlinehilfe in Vorbereitung
Aktuell entwickelt der LSB mit Unterstützung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) einen webbasierten, digitalen Schutzkonzeptgenerator. Ende des Sommers soll dieser online sein. Er baut auf den Inhalten des Workbooks auf und wird einfach zu bedienen sein. Ziel ist es, Nutzer*innen bei der Erstellung von Schutzkonzepten zu begleiten.
Digitale Gewalt
Ein bewusster Umgang mit Bild- und Videomaterial, das zum Beispiel bei Social-Media von Vereinen genutzt wird, und Regeln für die Vereinskommunikation über Messengerdienste dienen der Prävention vor Missbrauch. Eine Sensibilisierung findet bereits in KURZ- UND GUT-Seminaren statt. Die Themen digitale Gewalt wie auch Cybergrooming stehen auf der Agenda des LSB.
Beim FC Cobbenrode soll das Schutzkonzept bis Ende des Jahres vorliegen – und damit klare Strukturen für Aktive und Betreuer*innen schaffen
Schutzkonzepte
von Verbänden und Bünden, die online einsehbar sind:
Segler-Verband Nordrhein-Westfalen
go.lsb.nrw/svnrw-schutzkonzept
Westdeutscher Volleyball-Verband
go.lsb.nrw/wvv-schutzkonzept
KSB Lippe
go.lsb.nrw/ksblippe-schutzkonzept
Studie SicherImSport
go.lsb.nrw/bericht-sicherimsport
Qualitätsbündnis gegen Gewalt im Sport
go.lsb.nrw/qualitaetsbuendnis
Betroffenenrat
go.lsb.nrw/aufarbeitung-betroffenenrat
Externe unabhängige Anlaufstelle des LSB
Ladenburger&Lörsch Rechtsanwältinnen
Alles auf einen Blick
Website des LSB
go.lsb.nrw/schutz-vor-gewalt-im-sport
VIBSS Schulung und Beratung
go.lsb.nrw/vibss-sport-u-sexualisierte-gewalt
Die Werrepiraten legen besonderen Wert auf den Schutz der jungen Mitglieder, die bei der Erstellung des Schutzkonzeptes aktiv eingebunden wurden