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Platzwartin stehend auf einem Stadionplatz Handball Bild der Damen Handball Schiedsrichterin auf dem Spielfeld bei einem Handballspiel Handballschiedsrichterin im Gespr ch mit einem Torwart vor dem Tor Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Schiedsrichter*innen & Co. Text Patrick Plewe // Fotos © LSB / Andrea Bowinkelmann GraphicLine GraphicLine

Sie arbeiten als Schieds­richterin oder Wertungsrichter, als Platzwartin oder Ordner – Menschen, die für den organisierten Sport unverzichtbar, oft jedoch wenig beachtet und manchmal sogar unbeliebt sind. WirimSport rückt diese Personengruppe in den Fokus und zeigt Motive, Herausfor­derungen und Ansätze sowohl von Aktiven als auch von Verbänden und Vereinen auf.

Die Kassen-Container am Eingang hat sie rot lackiert, Massen an Aufklebern und Graffiti auf der Toilette der Gäste-Fans entfernt, die LED-Werbebanden am Spielfeldrand montiert, und den Tischkicker im Mannschaftsraum, den hat sie auch repariert: Wenn Sabrina Roggow durch das Stadion Niederrhein von Rot-Weiß Oberhausen führt, gibt es kaum eine Stelle, zu der sie nicht eine eigene Arbeitsgeschichte zu erzählen hat. Seit drei Jahren ist die 37-Jährige Platzwartin beim Fußball-Regionalligisten – und gehört damit zu einer Gruppe von Menschen, die von der Öffentlichkeit oft unbeachtet für den organisierten Sport aktiv sind, für sein Funktionieren jedoch unerlässlich. „Ohne uns geht’s nicht“, sagt Roggow.

Ob Platzwartin, Wertungsrichter, Schiedsrichterin oder Ordner: Zahlreiche Menschen sorgen in Deutschland Jahr für Jahr in Vereinen und für Verbände dafür, dass sich Sportler*innen von den untersten Klassen bis zu den höchsten Ligen miteinander messen können. Menschen für diese – oft ehrenamtlichen – Tätigkeiten zu gewinnen, ist jedoch zunehmend eine Herausforderung. „Es mangelt schon jetzt leider an Menschen, die sich engagieren“, sagt Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), über die Gesamtsituation im Sport.


Schiedsrichter*innen-
Mangel im Handball


Einer, der davon ein Lied singen kann, ist Wilhelm Barnhusen. Barnhusen ist Präsident des Handballverbandes Westfalen. Gefragt nach der Lage im Schiedsrichterwesen im Handball, konstatiert er: „Insgesamt haben wir viel zu wenig Schiedsrichter*innen.“ Die Verbände und Kreise würden sich zwar sehr bemühen – vor allem junge Menschen ließen sich jedoch selten für die Rolle gewinnen. Und wenn, würden viele auch schnell wieder aufgeben. Die Gründe: Der Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums nach dem Schulabschluss, manchmal auch noch ein Wohnortswechsel. Aber auch das Verhalten von Zuschauer*innen sei mitunter ein Grund für die Aufgabe, sagt Barnhusen: „Viele Schiedsrichter*innen werden von der Tribüne aus blöd angemacht.“

Daniel Hooge kann das bestätigen: „Leider müssen wir uns

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Weibliche Unparteiische im Männer­handball sind nicht neu, schon 1990 pfiffen Jutta Ehrmann und Susanne Künzig in der Herren-Bundesliga, einen gewissen Seltenheitswert haben sie aber weiterhin. Jule und Lia Fichtner leiten Spiele in der fünfthöchsten Männer-Spielklasse – inklusive drei bis fünf Kilometer Laufleistung pro Spiel, oftmals im Vollsprint. Denn während die Spieler ausgewechselt werden können, stehen die Unparteiischen die ganzen 60 Minuten auf dem Feld.

aktuell um den einen oder anderen Vorfall kümmern, der den Umgang mit sehr jungen Schiedsrichter*innen durch Zuschauer*innen oder Spielbeteiligte betrifft“, erzählt der 1. Vorsitzende des Handballkreises Münsterland. Anders als bei den anderen zehn Kreisen im Handballverband Westfalen gibt es im Münsterland jedoch keinen Mangel an Schiedsrichter*innen. „Das ist der Kreis, der sein Soll nicht nur erfüllt, sondern sogar überfüllt“, lobt Verbandspräsident Barnhusen. Teamwork und Praxisbezug nennt Daniel Hooge unter anderem als Gründe für die Erfolge bei der Schiedsrichter*innen-Ausbildung (siehe dazu das Interview auf dieser Seite) – und verweist dabei gerne auf das Gespann Fichtner/Fichtner.

inline Polygon

Schiri sein hilft bei

der Persönlichkeits­entwicklung


inline PolygonGemeint sind Jule und Lia Fichtner – aus vielerlei Gründen ein besonderes Duo. Denn: Jule und Lia Fichtner sehen sich als Zwillinge nicht nur sehr ähnlich, sind als Frauen nicht nur Ausnahmen im Schiedsrichterwesen und mit ihren 20 Jahren noch relativ jung, sondern mit ihren jeweils 1,55 Metern Körpergröße auch ziemlich klein gewachsen. Vor allem aber sind sie richtig gute Schiedsrichterinnen – und pfeifen deswegen bereits als Gespann in der Oberliga bei den Männern, bei der Jugend in der Bundesliga und auch bei den Frauen bereits Regionalliga. „Wir haben ein paar Wiedererkennungsmerkmale, die meisten kennen uns daher schon, wenn wir in die Halle kommen“, erzählt Lia Fichtner mit einem Schmunzeln.

Den Job an der Pfeife begannen die beiden im Alter von 14 Jahren. Schnell machte den Schwestern, die zuvor selber hochklassig Handball gespielt hatten, die Tätigkeit Spaß: „Das Spiel leiten, mit Spielern kommunizieren, die Emotionen auf dem Platz miterleben, der Austausch in der kleinen Schiedsrichter*innen-Familie auf Turnieren oder Lehrgängen“, zählt Lia Fichtner die positiven Aspekte auf. Coaches vom Handballkreis Münsterland, vom Handballverband Westfalen und vom Deutschen Handballbund begleiten die beiden dabei stets mit Feedback und Ratschlägen auf ihrem Schiedsrichterinnen-Weg – aus dem sich die Fichtners auch viel für das Leben abseits der Halle ziehen. „Schiri sein hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung. Man wird selbstbewusster und selbstreflektierter, lernt außerdem den Umgang mit Druck und Kritik“, sagt Jule Fichtner. Denn auch sie müssen sich ab und an mal einen Spruch anhören. Auf der Platte lösen sie Herausforderungen dieser Art meistens kommunikativ, mit einer „klaren Ansprache“, wie Lia Fichtner es nennt. Kommt etwas von der Tribüne, ist entweder ausblenden angesagt – „für schwere Fälle gibt es sonst aber auch Ordner in der Halle“, sagt Jule Fichtner.

Was beim Handball die Pfeife, ist beim Reiten die Glocke. Volker Eubels be­gleitet ihn schon etliche Jahre. Der 64-Jährige ist sich seiner Verantwortung als Richter bewusst. Nicht nur, weil es ohne Engagierte wie ihn keine Wettbewerbe geben würde, sondern auch weil Wertungsrichter aus seiner Sicht Einfluss darauf nehmen können, wie bei den Turnieren geritten wird.

Zuständig für den Ordnungsdienst im Handball sind unterdessen die ausrichtenden Vereine, wie Verbandspräsident Barnhusen erklärt. Anders als bei den Schiedsrichter*innen gäbe es hier eher weniger Probleme, Menschen für diese ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen – die meistens jedoch ebenfalls wenig Beachtung findet. Und das trotz ihrer wichtigen Bedeutung für den organisierten Sport. Denn, wie es der Handball-Verein TV Aldekerk 07 in einer Stellenausschreibung für ehrenamtliche Ordner*innen formuliert: „Ordner tragen entscheidend dazu bei, dass unsere Spiele sicher, fair und stimmungsvoll ablaufen.“


Verantwortungsvolle Rolle
im Pferdesport


Für den fairen und sicheren Ablauf von Turnieren im Pferdesport spielen Wertungsrichter*innen eine entscheidende Rolle. Das sind die Menschen, die ehrenamtlich in den verschiedenen Disziplinen über den Auftritt der Reiter*innen mit ihren Pferden urteilen – aber eben nicht nur das. „Sie sind auch dafür da, zu kontrollieren, ob tierärztliches Personal und Sanitäter*innen vor Ort sind, und ganz generell, ob die Veranstaltung pferdegerecht ist“, sagt Christina Block, Koordinatorin Leistungssport/Kader beim Pferdesportverband Rheinland. Und ergänzt: „Für den Turniersport sind Wertungsrichter*innen unerlässlich – ohne sie kann eine Veranstaltung nicht stattfinden.“ Doch trotz dieser immensen Bedeutung muss auch Block konstatieren: „Es ist schwierig, neue Richter*innen zu gewinnen.“

Volker Eubel teilt diesen Eindruck. Der 64-Jährige ist seit über 30 Jahren als Wertungsrichter im Reitsport aktiv und plädiert für einige Änderungen in der Weiterbildung: „Für die aktiven Wertungsrichter*innen findet alle drei Jahre ein Seminar statt. Der Abstand sollte verkürzt werden. Außerdem sollte der Austausch unter den Wertungsrichter*innen verstärkt werden. Und es sollte mehr Praxis-Anteil in den Seminaren geben, zum Beispiel durch Videos“, wünscht sich Eubel.

Eubel selbst war seinerzeit erfolgreicher Dressur-Reiter und entschied sich Wertungsrichter zu werden, um einen kompletteren Blick und ein besseres Gesamtverständnis auf und für seinen Sport zu bekommen. Dafür ging der Kölner den im Wertungsrichterwesen langen Weg mit vielen Testaten und Prüfungen, um schließlich sogar in der höchsten Klasse, dem Grand Prix, zu richten. Genau wie Christina Block vom Pferde­sportverband betont dabei auch Eubel die besondere Bedeutung von Wertungsrichter*innen für den Reitsport – allerdings aus einer anderen Perspektive: „Die Richtlinien für die einzelnen Reit-Lektionen sind zwar vorgegeben. Der Interpretationsspielraum hat zuletzt jedoch teilweise stark zugenommen. Wertungsrichter*innen haben deshalb einen großen Einfluss auf die Art, wie geritten wird. “ Die wichtigsten Eigenschaften, die aus Eubels Sicht für die Tätigkeit mitgebracht werden müssen, sind auch deswegen Verantwortungsbewusstsein, Unabhängigkeit sowie Fachwissen in Verbindung mit der Fähigkeit, sich in das Reiter-Pferd-Paar hineinfühlen zu können.


inline Polygon Das Vielseitige
ist das Schöne an
dem Job

inline Polygon

Die Anforderungen für Sabrina Roggow in Oberhausen sind da andere. „Keine Scheu vor Kälte und Regen, handwerkliches Geschick, räumliches Denken und eine Anpacker-Mentalität“, benennt die gelernte Maler- und Lackiererin die Eigenschaften, die mitgebracht werden müssen für die Arbeit als Platzwart*in – sei es ehrenamtlich für einen Breitensportverein oder hauptberuflich wie Roggow. Und warum die Tätigkeit Freude macht? „Das Vielseitige ist das Schöne an dem Job. Man sieht, was man gemacht hat“, sagt Roggow, deutet auf die neu gemalten Zahlen auf dem Boden vor der Haupttribüne des Stadions und führt danach noch zu den Trainingsplätzen, auf denen sie unter anderem für die Kreide-Markierungen zuständig ist. „Das hier ist mein zweites Zuhause“, fasst Sabrina Roggow schließlich zusammen – und fügt noch hinzu: „Ich bin mit Liebe hier.“

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Platzwartin stehend auf einem Stadionplatz Handball Bild der Damen Handball Schiedsrichterin auf dem Spielfeld bei einem Handballspiel Handballschiedsrichterin im Gespr ch mit einem Torwart vor dem Tor Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Schiedsrichter*innen & Co. Text Patrick Plewe // Fotos © LSB / Andrea Bowinkelmann GraphicLine GraphicLine

Sie arbeiten als Schieds­richterin oder Wertungsrichter, als Platzwartin oder Ordner – Menschen, die für den organisierten Sport unverzichtbar, oft jedoch wenig beachtet und manchmal sogar unbeliebt sind. WirimSport rückt diese Personengruppe in den Fokus und zeigt Motive, Herausfor­derungen und Ansätze sowohl von Aktiven als auch von Verbänden und Vereinen auf.

Die Kassen-Container am Eingang hat sie rot lackiert, Massen an Aufklebern und Graffiti auf der Toilette der Gäste-Fans entfernt, die LED-Werbebanden am Spielfeldrand montiert, und den Tischkicker im Mannschaftsraum, den hat sie auch repariert: Wenn Sabrina Roggow durch das Stadion Niederrhein von Rot-Weiß Oberhausen führt, gibt es kaum eine Stelle, zu der sie nicht eine eigene Arbeitsgeschichte zu erzählen hat. Seit drei Jahren ist die 37-Jährige Platzwartin beim Fußball-Regionalligisten – und gehört damit zu einer Gruppe von Menschen, die von der Öffentlichkeit oft unbeachtet für den organisierten Sport aktiv sind, für sein Funktionieren jedoch unerlässlich. „Ohne uns geht’s nicht“, sagt Roggow.

Ob Platzwartin, Wertungsrichter, Schiedsrichterin oder Ordner: Zahlreiche Menschen sorgen in Deutschland Jahr für Jahr in Vereinen und für Verbände dafür, dass sich Sportler*innen von den untersten Klassen bis zu den höchsten Ligen miteinander messen können. Menschen für diese – oft ehrenamtlichen – Tätigkeiten zu gewinnen, ist jedoch zunehmend eine Herausforderung. „Es mangelt schon jetzt leider an Menschen, die sich engagieren“, sagt Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), über die Gesamtsituation im Sport.


Schiedsrichter*innen-
Mangel im Handball


Einer, der davon ein Lied singen kann, ist Wilhelm Barnhusen. Barnhusen ist Präsident des Handballverbandes Westfalen. Gefragt nach der Lage im Schiedsrichterwesen im Handball, konstatiert er: „Insgesamt haben wir viel zu wenig Schiedsrichter*innen.“ Die Verbände und Kreise würden sich zwar sehr bemühen – vor allem junge Menschen ließen sich jedoch selten für die Rolle gewinnen. Und wenn, würden viele auch schnell wieder aufgeben. Die Gründe: Der Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums nach

Group Group Group

Weibliche Unparteiische im Männer­handball sind nicht neu, schon 1990 pfiffen Jutta Ehrmann und Susanne Künzig in der Herren-Bundesliga, einen gewissen Seltenheitswert haben sie aber weiterhin. Jule und Lia Fichtner leiten Spiele in der fünfthöchsten Männer-Spielklasse – inklusive drei bis fünf Kilometer Laufleistung pro Spiel, oftmals im Vollsprint. Denn während die Spieler ausgewechselt werden können, stehen die Unparteiischen die ganzen 60 Minuten auf dem Feld.

dem Schulabschluss, manchmal auch noch ein Wohnortswechsel. Aber auch das Verhalten von Zuschauer*innen sei mitunter ein Grund für die Aufgabe, sagt Barnhusen: „Viele Schiedsrichter*innen werden von der Tribüne aus blöd angemacht.“

Daniel Hooge kann das bestätigen: „Leider müssen wir uns aktuell um den einen oder anderen Vorfall kümmern, der den Umgang mit sehr jungen Schiedsrichter*innen durch Zuschauer*innen oder Spielbeteiligte betrifft“, erzählt der 1. Vorsitzende des Handballkreises Münsterland. Anders als bei den anderen zehn Kreisen im Handballverband Westfalen gibt es im Münsterland jedoch keinen Mangel an Schiedsrichter*innen. „Das ist der Kreis, der sein Soll nicht nur erfüllt, sondern sogar überfüllt“, lobt Verbandspräsident Barnhusen. Teamwork und Praxisbezug nennt Daniel Hooge unter anderem als Gründe für die Erfolge bei der Schiedsrichter*innen-Ausbildung (siehe dazu das Interview auf dieser Seite) – und verweist dabei gerne auf das Gespann Fichtner/Fichtner.

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Schiri sein hilft bei

der Persönlichkeits­entwicklung


inline PolygonGemeint sind Jule und Lia Fichtner – aus vielerlei Gründen ein besonderes Duo. Denn: Jule und Lia Fichtner sehen sich als Zwillinge nicht nur sehr ähnlich, sind als Frauen nicht nur Ausnahmen im Schiedsrichterwesen und mit ihren 20 Jahren noch relativ jung, sondern mit ihren jeweils 1,55 Metern Körpergröße auch ziemlich klein gewachsen. Vor allem aber sind sie richtig gute Schiedsrichterinnen – und pfeifen deswegen bereits als Gespann in der Oberliga bei den Männern, bei der Jugend in der Bundesliga und auch bei den Frauen bereits Regionalliga. „Wir haben ein paar Wiedererkennungsmerkmale, die meisten kennen uns daher schon, wenn wir in die Halle kommen“, erzählt Lia Fichtner mit einem Schmunzeln.

Den Job an der Pfeife begannen die

beiden im Alter von 14 Jahren. Schnell machte den Schwestern, die zuvor selber hochklassig Handball gespielt hatten, die Tätigkeit Spaß: „Das Spiel leiten, mit Spielern kommunizieren, die Emotionen auf dem Platz miterleben, der Austausch in der kleinen Schiedsrichter*innen-Familie auf Turnieren oder Lehrgängen“, zählt Lia Fichtner die positiven Aspekte auf. Coaches vom Handballkreis Münsterland, vom Handballverband Westfalen und vom Deutschen Handballbund begleiten die beiden dabei stets mit Feedback und Ratschlägen auf ihrem Schiedsrichterinnen-Weg – aus dem sich die Fichtners auch viel für das Leben abseits der Halle ziehen. „Schiri sein hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung. Man wird selbstbewusster und selbstreflektierter, lernt außerdem den Umgang mit Druck und Kritik“, sagt Jule Fichtner. Denn auch sie müssen sich ab und an mal einen Spruch anhören. Auf der Platte lösen sie Herausforderungen dieser Art meistens kommunikativ, mit einer „klaren Ansprache“, wie Lia Fichtner es nennt. Kommt etwas von der Tribüne, ist entweder ausblenden angesagt – „für schwere Fälle gibt es sonst aber auch Ordner in der Halle“, sagt Jule Fichtner.

Was beim Handball die Pfeife, ist beim Reiten die Glocke. Volker Eubels be­gleitet ihn schon etliche Jahre. Der 64-Jährige ist sich seiner Verantwortung als Richter bewusst. Nicht nur, weil es ohne Engagierte wie ihn keine Wettbewerbe geben würde, sondern auch weil Wertungsrichter aus seiner Sicht Einfluss darauf nehmen können, wie bei den Turnieren geritten wird.

Zuständig für den Ordnungsdienst im Handball sind unterdessen die ausrichtenden Vereine, wie Verbandspräsident Barnhusen erklärt. Anders als bei den Schiedsrichter*innen gäbe es hier eher weniger Probleme, Menschen für diese ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen – die meistens jedoch ebenfalls wenig Beachtung findet. Und das trotz ihrer wichtigen Bedeutung für den organisierten Sport. Denn, wie es der Handball-Verein TV Aldekerk 07 in einer Stellenausschreibung für ehrenamtliche Ordner*innen formuliert: „Ordner tragen entscheidend dazu bei, dass unsere Spiele sicher, fair und stimmungsvoll ablaufen.“


Verantwortungsvolle Rolle
im Pferdesport


Für den fairen und sicheren Ablauf von Turnieren im Pferdesport spielen Wertungsrichter*innen eine entscheidende Rolle. Das sind die Menschen, die ehrenamtlich in den verschiedenen Disziplinen über den Auftritt der Reiter*innen mit ihren Pferden urteilen – aber eben nicht nur das. „Sie sind auch dafür da, zu kontrollieren, ob tierärztliches Personal und Sanitäter*innen vor Ort sind, und ganz generell, ob die Veranstaltung pferdegerecht ist“, sagt Christina Block, Koordinatorin Leistungssport/Kader beim Pferdesportverband Rheinland. Und ergänzt: „Für den Turniersport sind Wertungsrichter*innen unerlässlich – ohne sie kann eine Veranstaltung nicht stattfinden.“ Doch trotz dieser immensen Bedeutung muss auch Block konstatieren: „Es ist schwierig, neue Richter*innen zu gewinnen.“

Volker Eubel teilt diesen Eindruck. Der 64-Jährige ist seit über 30 Jahren als Wertungsrichter im Reitsport aktiv und plädiert für einige Änderungen in der Weiterbildung: „Für die aktiven Wertungsrichter*innen findet alle drei Jahre ein Seminar statt. Der Abstand sollte verkürzt werden. Außerdem sollte der Austausch unter den Wertungsrichter*innen verstärkt werden. Und es sollte mehr Praxis-Anteil in den Seminaren geben, zum Beispiel durch Videos“, wünscht sich Eubel.

Eubel selbst war seinerzeit erfolgreicher Dressur-Reiter und entschied sich Wertungsrichter zu werden, um einen kompletteren Blick und ein besseres Gesamtverständnis auf und für seinen Sport zu bekommen. Dafür ging der Kölner den im Wertungsrichterwesen langen Weg mit vielen Testaten und Prüfungen, um schließlich sogar in der höchsten Klasse, dem Grand Prix, zu richten. Genau wie Christina Block vom Pferde­sportverband betont dabei auch Eubel die besondere Bedeutung von Wertungsrichter*innen für den Reitsport – allerdings aus einer anderen Perspektive: „Die Richtlinien für die einzelnen Reit-Lektionen sind zwar vorgegeben. Der Interpretationsspielraum hat zuletzt jedoch teilweise stark zugenommen. Wertungsrichter*innen haben deshalb einen großen Einfluss auf die Art, wie geritten wird. “ Die wichtigsten Eigenschaften, die aus Eubels Sicht für die Tätigkeit mitgebracht werden müssen, sind auch deswegen Verantwortungsbewusstsein, Unabhängigkeit sowie Fachwissen in Verbindung mit der Fähigkeit, sich in das Reiter-Pferd-Paar hineinfühlen zu können.


inline Polygon Das Vielseitige
ist das Schöne an
dem Job

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Die Anforderungen für Sabrina Roggow in Oberhausen sind da andere. „Keine Scheu vor Kälte und Regen, handwerkliches Geschick, räumliches Denken und eine Anpacker-Mentalität“, benennt die gelernte Maler- und Lackiererin die Eigenschaften, die mitgebracht werden müssen für die Arbeit als Platzwart*in – sei es ehrenamtlich für einen Breitensportverein oder hauptberuflich wie Roggow. Und warum die Tätigkeit Freude macht? „Das Vielseitige ist das Schöne an dem Job. Man sieht, was man gemacht hat“, sagt Roggow, deutet auf die neu gemalten Zahlen auf dem Boden vor der Haupttribüne des Stadions und führt danach noch zu den Trainingsplätzen, auf denen sie unter anderem für die Kreide-Markierungen zuständig ist. „Das hier ist mein zweites Zuhause“, fasst Sabrina Roggow schließlich zusammen – und fügt noch hinzu: „Ich bin mit Liebe hier.“

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Platzwartin stehend auf einem Stadionplatz Handball Bild der Damen GraphicLine Handball Schiedsrichterin auf dem Spielfeld bei einem Handballspiel Handballschiedsrichterin im Gespr ch mit einem Torwart vor dem Tor Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Wir imm Sport Ausgabe 6 2025 Schiedsrichter*innen & Co. Text Patrick Plewe // Fotos © LSB / Andrea Bowinkelmann GraphicLine GraphicLine

Sie arbeiten als Schieds­richterin oder Wertungsrichter, als Platzwartin oder Ordner – Menschen, die für den organisierten Sport unverzichtbar, oft jedoch wenig beachtet und manchmal sogar unbeliebt sind. WirimSport rückt diese Personengruppe in den Fokus und zeigt Motive, Herausfor­derungen und Ansätze sowohl von Aktiven als auch von Verbänden und Vereinen auf.

Die Kassen-Container am Eingang hat sie rot lackiert, Massen an Aufklebern und Graffiti auf der Toilette der Gäste-Fans entfernt, die LED-Werbebanden am Spielfeldrand montiert, und den Tischkicker im Mannschaftsraum, den hat sie auch repariert: Wenn Sabrina Roggow durch das Stadion Niederrhein von Rot-Weiß Oberhausen führt, gibt es kaum eine Stelle, zu der sie nicht eine eigene Arbeitsgeschichte zu erzählen hat. Seit drei Jahren ist die 37-Jährige Platzwartin beim Fußball-Regionalligisten – und gehört damit zu einer Gruppe von Menschen, die von der Öffentlichkeit oft unbeachtet für den organisierten Sport aktiv sind, für sein Funktionieren jedoch unerlässlich. „Ohne uns geht’s nicht“, sagt Roggow.

Ob Platzwartin, Wertungsrichter, Schiedsrichterin oder Ordner: Zahlreiche Menschen sorgen in Deutschland Jahr für Jahr in Vereinen und für Verbände dafür, dass sich Sportler*innen von den untersten Klassen bis zu den höchsten Ligen miteinander messen können. Menschen für diese – oft ehrenamtlichen – Tätigkeiten zu gewinnen, ist jedoch zunehmend eine Herausforderung. „Es mangelt schon jetzt leider an Menschen, die sich engagieren“, sagt Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), über die Gesamtsituation im Sport.


Schiedsrichter*innen-
Mangel im Handball


Einer, der davon ein Lied singen kann, ist Wilhelm Barnhusen. Barnhusen ist Präsident des Handballverbandes Westfalen. Gefragt nach der Lage im Schiedsrichterwesen im Handball, konstatiert er: „Insgesamt haben wir viel zu wenig Schiedsrichter*innen.“ Die Verbände und Kreise würden sich zwar sehr bemühen – vor allem junge Menschen ließen sich jedoch selten für die Rolle gewinnen. Und wenn, würden viele auch schnell wieder aufgeben. Die Gründe: Der Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums nach dem Schulabschluss, manchmal auch noch ein Wohnortswechsel. Aber auch das Verhalten von Zuschauer*innen sei mitunter ein Grund für die Aufgabe, sagt Barnhusen: „Viele Schiedsrichter*innen werden von der Tribüne aus blöd angemacht.“

GraphicLine GraphicLine Group Group

Weibliche Unparteiische im Männer­handball sind nicht neu, schon 1990 pfiffen Jutta Ehrmann und Susanne Künzig in der Herren-Bundesliga, einen gewissen Seltenheitswert haben sie aber weiterhin. Jule und Lia Fichtner leiten Spiele in der fünfthöchsten Männer-Spielklasse – inklusive drei bis fünf Kilometer Laufleistung pro Spiel, oftmals im Vollsprint. Denn während die Spieler ausgewechselt werden können, stehen die Unparteiischen die ganzen 60 Minuten auf dem Feld.

Daniel Hooge kann das bestätigen: „Leider müssen wir uns aktuell um den einen oder anderen Vorfall kümmern, der den Umgang mit sehr jungen Schiedsrichter*innen durch Zuschauer*innen oder Spielbeteiligte betrifft“, erzählt der 1. Vorsitzende des Handballkreises Münsterland. Anders als bei den anderen zehn Kreisen im Handballverband Westfalen gibt es im Münsterland jedoch keinen Mangel an Schiedsrichter*innen. „Das ist der Kreis, der sein Soll nicht nur erfüllt, sondern sogar überfüllt“, lobt Verbandspräsident Barnhusen. Teamwork und Praxisbezug nennt Daniel Hooge unter anderem als Gründe für die Erfolge bei der Schiedsrichter*innen-Ausbildung (siehe dazu das Interview auf dieser Seite) – und verweist dabei gerne auf das Gespann Fichtner/Fichtner.

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Schiri sein hilft bei

der Persönlichkeits­entwicklung


inline PolygonGemeint sind Jule und Lia Fichtner – aus vielerlei Gründen ein besonderes Duo. Denn: Jule und Lia Fichtner sehen sich als Zwillinge nicht nur sehr ähnlich, sind als Frauen nicht nur Ausnahmen im Schiedsrichterwesen und mit ihren 20 Jahren noch relativ jung, sondern mit ihren jeweils 1,55 Metern Körpergröße auch ziemlich klein gewachsen. Vor allem aber sind sie richtig gute Schiedsrichterinnen – und pfeifen deswegen bereits als Gespann in der Oberliga bei den Männern, bei der Jugend in der Bundesliga und auch bei den Frauen bereits Regionalliga. „Wir haben ein paar Wiedererkennungsmerkmale, die meisten kennen uns daher schon, wenn wir in die Halle kommen“, erzählt Lia Fichtner mit einem Schmunzeln.

Den Job an der Pfeife begannen die beiden im Alter von 14 Jahren. Schnell machte den Schwestern, die zuvor selber hochklassig Handball gespielt hatten, die Tätigkeit Spaß: „Das Spiel leiten, mit Spielern kommunizieren, die Emotionen auf dem Platz miterleben, der Austausch in der kleinen Schiedsrichter*innen-Familie auf Turnieren oder Lehrgängen“, zählt Lia Fichtner die positiven Aspekte auf. Coaches vom Handballkreis Münsterland, vom Handballverband Westfalen und vom Deutschen Handballbund begleiten die beiden dabei stets mit Feedback und Ratschlägen auf ihrem Schiedsrichterinnen-Weg – aus dem sich die Fichtners auch viel für das Leben abseits der Halle ziehen. „Schiri sein hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung. Man wird selbstbewusster und selbstreflektierter, lernt außerdem den Umgang mit Druck und Kritik“, sagt Jule Fichtner. Denn auch sie müssen sich ab und an mal einen Spruch anhören. Auf der Platte lösen sie Herausforderungen dieser Art meistens kommunikativ, mit einer „klaren Ansprache“, wie Lia Fichtner es nennt. Kommt etwas von der Tribüne, ist entweder ausblenden angesagt – „für schwere Fälle gibt es sonst aber auch Ordner in der Halle“, sagt Jule Fichtner.

Zuständig für den Ordnungsdienst im Handball sind unterdessen die ausrichtenden Vereine, wie Verbandspräsident Barnhusen erklärt. Anders als bei den Schiedsrichter*innen gäbe es hier eher weniger Probleme, Menschen für diese ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen – die meistens jedoch ebenfalls wenig Beachtung findet. Und das trotz ihrer wichtigen Bedeutung für den organisierten Sport. Denn, wie es der Handball-Verein TV Aldekerk 07 in einer Stellenausschreibung für ehrenamtliche Ordner*innen formuliert: „Ordner tragen entscheidend dazu bei, dass unsere Spiele sicher, fair und stimmungsvoll ablaufen.“


Verantwortungsvolle Rolle
im Pferdesport


Für den fairen und sicheren Ablauf von Turnieren im Pferdesport spielen Wertungsrichter*innen eine entscheidende Rolle. Das sind die Menschen, die ehrenamtlich in den verschiedenen Disziplinen über den Auftritt der Reiter*innen mit ihren Pferden urteilen – aber eben nicht nur das. „Sie sind auch dafür da, zu kontrollieren, ob tierärztliches Personal und Sanitäter*innen vor Ort sind, und ganz generell, ob die Veranstaltung pferdegerecht ist“, sagt Christina Block, Koordinatorin Leistungssport/Kader beim Pferdesportverband Rheinland. Und ergänzt: „Für den Turniersport sind Wertungsrichter*innen unerlässlich – ohne sie kann eine Veranstaltung nicht stattfinden.“ Doch trotz dieser immensen Bedeutung muss auch Block konstatieren: „Es ist schwierig, neue Richter*innen zu gewinnen.“

Volker Eubel teilt diesen Eindruck. Der 64-Jährige ist seit über 30 Jahren als Wertungsrichter im Reitsport aktiv und plädiert für einige Änderungen in der Weiterbildung: „Für die aktiven Wertungsrichter*innen findet alle drei Jahre ein Seminar statt. Der Abstand sollte verkürzt werden. Außerdem sollte der Austausch unter den Wertungsrichter*innen verstärkt werden. Und es sollte mehr Praxis-Anteil in den Seminaren geben, zum Beispiel durch Videos“, wünscht sich Eubel.

Was beim Handball die Pfeife, ist beim Reiten die Glocke. Volker Eubels be­gleitet ihn schon etliche Jahre. Der 64-Jährige ist sich seiner Verantwortung als Richter bewusst. Nicht nur, weil es ohne Engagierte wie ihn keine Wettbewerbe geben würde, sondern auch weil Wertungsrichter aus seiner Sicht Einfluss darauf nehmen können, wie bei den Turnieren geritten wird.

Eubel selbst war seinerzeit erfolgreicher Dressur-Reiter und entschied sich Wertungsrichter zu werden, um einen kompletteren Blick und ein besseres Gesamtverständnis auf und für seinen Sport zu bekommen. Dafür ging der Kölner den im Wertungsrichterwesen langen Weg mit vielen Testaten und Prüfungen, um schließlich sogar in der höchsten Klasse, dem Grand Prix, zu richten. Genau wie Christina Block vom Pferde­sportverband betont dabei auch Eubel die besondere Bedeutung von Wertungsrichter*innen für den Reitsport – allerdings aus einer anderen Perspektive: „Die Richtlinien für die einzelnen Reit-Lektionen sind zwar vorgegeben. Der Interpretationsspielraum hat zuletzt jedoch teilweise stark zugenommen. Wertungsrichter*innen haben deshalb einen großen Einfluss auf die Art, wie geritten wird. “ Die wichtigsten Eigenschaften, die aus Eubels Sicht für die Tätigkeit mitgebracht werden müssen, sind auch deswegen Verantwortungsbewusstsein, Unabhängigkeit sowie Fachwissen in Verbindung mit der Fähigkeit, sich in das Reiter-Pferd-Paar hineinfühlen zu können.


inline Polygon Das Vielseitige
ist das Schöne an
dem Job

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Die Anforderungen für Sabrina Roggow in Oberhausen sind da andere. „Keine Scheu vor Kälte und Regen, handwerkliches Geschick, räumliches Denken und eine Anpacker-Mentalität“, benennt die gelernte Maler- und Lackiererin die Eigenschaften, die mitgebracht werden müssen für die Arbeit als Platzwart*in – sei es ehrenamtlich für einen Breitensportverein oder hauptberuflich wie Roggow. Und warum die Tätigkeit Freude macht? „Das Vielseitige ist das Schöne an dem Job. Man sieht, was man gemacht hat“, sagt Roggow, deutet auf die neu gemalten Zahlen auf dem Boden vor der Haupttribüne des Stadions und führt danach noch zu den Trainingsplätzen, auf denen sie unter anderem für die Kreide-Markierungen zuständig ist. „Das hier ist mein zweites Zuhause“, fasst Sabrina Roggow schließlich zusammen – und fügt noch hinzu: „Ich bin mit Liebe hier.“

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